Viel Zeit am Klavier zu verbringen, garantiert keineswegs schnelle Lernerfolge. Es kommt schon sehr darauf an, wie die Zeit eingeteilt und genutzt wird.

Zunächst einmal ist es - gerade für Anfänger- wichtig, regelmäßig zu üben. Um sowohl mit der neuen Materie vertraut zu werden, als auch die spezifischen Bewegungen zur Gewohnheit werden zu lassen, ist die häufige Befassung in kurzen Abständen notwendig. Also:

Einmal in der Woche sechs Stunden üben ist weniger, als sechs Mal in der Woche 45 Minuten. (Je nach Fortschritt und Interesse kann es - und sollte es - natürlich mehr werden, jedoch Anfänger sollten sich die erste Zeit nicht übernehmen.)

Zum Zweiten ist die Frage des „Wie“ sehr wichtig. Vielleicht kennt man die Situation aus eigener Erfahrung oder Beobachtung: man kommt beim Durchspielen eines Stückes an eine schwierige Stelle, verspielt sich, nimmt noch mal Anlauf, verspielt sich wieder usw. Auf diese Art kann man viel Zeit am Klavier verbringen, ohne dabei irgendetwas gelernt zu haben.

Sinnvoller wäre es, gleich beim ersten Stolpern zu unterbrechen und sich zu überlegen, was denn nun genau nicht gestimmt hat, worin denn das Problem besteht, und wie es am besten zu lösen wäre. Für Anfänger ist das natürlich eine ziemlich hohe Anforderung, aber dafür haben sie ja einen Klavierlehrer.

Wenn man auf so eine Art zu üben Wert legt, bemerkt man die Fortschritte eines Schülers nicht nur daran, dass er immer besser immer schwerere Stücke spielen kann, sondern auch daran, dass er immer mehr in die Lage kommt, Stücke selbständig zu erarbeiten. Um diese Fähigkeit zu fördern ist es sinnvoll, den Schülern nicht fertige Problemlösungen vorzusetzen, also brauchbare Fingersätze schnell „aus dem Ärmel zu schütteln“ sondern von Anfang an die Problemlösungen gemeinsam mit den Schülern zu erarbeiten, auch wenn das im Unterricht mehr Zeit in Anspruch nimmt. Weder Anfänger noch Fortgeschrittene sollten beim Üben einfach Vorschriften des Lehrers umsetzen; vielmehr sollten sie, bevor sie eine Passage in einer bestimmten Weise einüben, verstanden haben, warum die vorgeschlagene Lösung sinnvoll ist und dem jeweiligen Problem gerecht wird.